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Couchgeflüster #21 - Kariem Hussein

Kariem Hussein ist Profisportler (400-Meter-Hürdenlauf), Arzt und Markenbotschafter. Zu seinen sportlichen Erfolgen gehören EM-Gold 2014, EM-Bronze 2016, WM-Finalteilnahme 2017 und diverse Schweizermeister-Titel. In Sachen Markenbotschafter verkörpert Kariem und seine Marke Authentizität, Entschlossenheit, Inspiration, Leistungsorientierung und Partnerschaftlichkeit. Neben diesen Projekten wird zurzeit die Plattform myhomeworkout.ch aufgebaut, auf der die Bereiche Krafttraining, Yoga, Food und Mindset mittels Live-Videos trainiert werden.


Du bist Profisportler, Arzt und Markenbotschafter – der Tag hat nur 24 Stunden. Wie bringst du alles unter einen Hut?

Das Team ist der Schlüssel. Schon früh habe ich mir ein Umfeld zusammengestellt, an welches ich manche Dinge delegieren kann. Seien es administrative Aufgaben oder das Management. Ich möchte mich auf die Dinge konzentrieren können, bei denen meine Performance gefragt ist. Das war das Studium und nun der Job im Medizinbereich, das Training und die Aufträge als Markenbotschafter. Ich schaue darauf, dass ich immer an zwei Tagen pro Woche der Fokus auf dem Training liegt – ohne weitere Termine. Ruhetage plane ich zudem aktiv ein. Ich bin davon überzeugt, dass verschiedene Dinge gleichzeitig machen kann, wenn es körperlich nicht ausserordentlich viel Kraft beansprucht. Die Abwechslung ist zudem auch Erholung. Deshalb mache ich gerne viele Dinge parallel.


Dich umgibt eine positive Energie, ein Charisma. Woher kommt dies?

Ich habe Erfahrungen in meinem Leben gemacht, bei denen ich ein Umfeld hatte, das stets mein Bestes wollte. Das Vertrauen zu spüren, tat mir immer sehr gut. Dies ist auch das, was ich weitergeben möchte. Denn die Dinge funktionieren nun mal am besten, wenn eine positive Stimmung herrscht. Ich suche mir meine Leute auch so aus. Es geht nicht darum, blauäugig durch die Welt zu gehen, aber ich möchte eine positive Stimmung, ich möchte ein Ziel, an dem alle festhalten und alle dahinterstehen können, ich möchte, dass alle authentisch sind.


Welche Werte sind dir wichtig?

Authentizität, Ehrlichkeit, Ästhetik, Ambition


Du wirkst reflektiert. Wie wichtig ist dir die Reflexionsfähigkeit?

Ich glaube, wenn du persönlich weiterkommen möchtest, ist es förderlich, wenn man die Ruhe findet, wenn man sich rausnimmt und reflektiert. Ich urteile gleichzeitig aber nicht über andere Menschen, denn es ist kein Muss. Ich habe den Prozess gerne. Ob es im Sport ist, bei einem Patienten oder bei meiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Ich war schon immer sehr reflektiert und wollte mein Setting optimieren. Mir geht’s stets darum, das Potential überall auszureizen, egal in welchem Bereich. Das ist mein Antrieb. Deswegen bin ich sehr reflektiert und hinterfrage. Für mich ist hinterfragen kein negatives Wort.


Wie gehst du mit Krisen um?

Ich lasse sie zu, streite sie nicht ab, verdränge sie nicht. Jeder Wind, der kommt, vergeht wieder. Manche Dinge kann man beeinflussen, manche nicht. In erster Linie versuche ich, die Situationen anzunehmen und etwas Positives darin zu sehen. Auch wenn man den Grund für eine Situation oftmals nicht kennt. Dies ist auch nicht wirklich wichtig. Man wird den Grund vielleicht später herausfinden und verstehen, warum etwas nicht so gekommen ist, wie man sich dies im Vorfeld wünschte. Ich persönlich hatte die grössten Lernprozesse immer im Umgang mit Niederlagen. Es mag zwar eine Floskel sein, dass man aus den Niederlagen am meisten lernen würde – aber sie trifft zu. Man nimmt sich der Sache an, setzt sich damit auseinander und geht in die Selbstreflexion. Wenn es schwierig wird, man zu viel sucht und in eine Negativspirale fällt, versuche ich es mit den Tools zu lösen, die mir mein kompetentes Umfeld gibt. Sei es Tagebuch schreiben und die Situationen/Probleme vergegenwärtigen, aufschreiben, was man alles hat, mit positiven Menschen zusammen sein, beten bzw. das zu sich sagen, woran man glaubt. Alles einordnen.


Was ist deine grösste Stärke?

Meine Beharrlichkeit, meine Willenskraft


Was bereitet dir in deinem Sportalltag am meisten Freude?

Den eigenen Entwicklungsprozess zu beobachten, zu planen, ein Setting aufzubauen. Zuerst steht der Traum, dann definiert man kurzfristige und langfristige Ziele und arbeitet an diesen, man schöpft das Potential vollständig aus. Ich habe zwar eine Disziplin, in der man nur rennt, aber diese ist technisch herausfordernd, benötigt Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer. Da es eine Sprintdisziplin ist, brauche ich nicht zwölf Stunden Training pro Tag. Dies ermöglicht es mir, dass ich auch noch andere Dinge tun kann.


Warum Sport? Und warum gerade der 400-Meter-Hürdenlauf?

Ich habe schon immer gerne Sport gemacht. Mit 20 habe ich diese Disziplin für mich entdeckt. Im Hinblick aufs Medizinstudium begann ich einfach mit Leichtathletik und habe Verschiedenes ausprobiert. Ich habe auch Fussball gespielt. Für eine Karriere im Tennissport wäre ich auch nicht abgeneigt gewesen. Ich wollte einfach immer mein Hobby zum Beruf machen. Mir spielte es die Disziplin keine grosse Rolle. Eines Tages war mir dann klar, dass es der 400-Meter-Hürdenlauf sein würde. Diese Disziplin ist für mich das, womit ich mich voll identifizieren kann. Da fühle ich mich, da gehe ich auf, da kann ich mich ausleben.


Wie präsent ist der Gedanke an weitere Verletzungen?

Das Thema Verletzung begleitet einen überall im Alltag. Ich bin natürlich geprägt. Es ist schwierig, dies auszublenden, denn Verletzungen sind ein Teil, der dazugehört, wenn man versucht, alles auszureizen. Dann ist der Grat sehr schmal, dass man mal einen Fehler oder zu viel macht. Man kann aber auch die Treppe runterfallen oder umknicken. Das Risiko liegt nicht nur im Training selbst. Verletzungen sagen einem aber auch etwas. Es ist ein Signal des Körpers, das dir sagt, dass Etwas nicht richtig oder zu viel ist. Auch hier kann man etwas Gutes daraus gewinnen.


Wovor fürchtest du dich?

Der Gedanke daran, in eine Abhängigkeit zu geraten, macht mir Angst. Ich habe einen Alltag, bei dem ich viel beeinflussen kann. Ich habe verschiedene Felder, auf denen ich spielen kann, mit Terminen, Training, Sport, Medizinisches, Partnerschaften. Ich lerne viele tolle Leute kennen. Das alles ist sehr interessant und abwechslungsreich. Das alles nicht mehr selbst bestimmen zu können, indem ich vollkommen abhängig bin, jagt mir Angst ein.


Physische, psychische und mentale Stärke - was würdest du jedem mit auf den Weg geben?

Die Frage ist ja oftmals die: Was ist wichtiger, der Körper oder der Kopf? Für mich ist es ganz klar das Herz. Es hört sich romantisch an, aber es ist so. Das Herz ist der Kern. Es schlägt für deine Leidenschaft, für die Dinge, für die du brennst. Wenn du dies nicht hast, kannst du noch so stark sein, körperlich oder mental und du wirst nicht alles rausholen. Darum ist es für mich 40% Herz, 30% Körper und 30% Kopf. Es gehört alles dazu. Je mehr du alles ausreizen kannst, desto stärker kannst du dein Potential ausschöpfen. Es gehört dazu mental stark zu sein. Man muss Tools haben, die einen durch schwierige Situationen lenken. Und klar… Der Körper muss mitmachen. Der ist schliesslich das Auto. Wenn das Auto nicht fährt, dann geht es nicht, da kann der Fahrer noch so gut sein.


In einem deiner Interviews sagtest du »Eigentlich soll mich nichts aus der Bahn werfen können.« - einfach gesagt, gerade in emotionalen Krisen.

Es ist wichtig, dass man sich und seine Werte kennt, und weiss, was man will. Was die eigenen Träume sind und mit wem man daran arbeiten möchte. Wer bin ich? Was ist mir wichtig? Hält man seine eigenen Werte ein? Ist man authentisch? Wenn man sich selbst kennt, ist man schon extrem weit. Angenommen in einem Rennen mit 7 anderen auf der Bahn reicht es nicht zum Sieg und somit platzt mein Traum. Es ist einfacher damit umzugehen, weil ich mit mir im Reinen bin. Alles, was dich aufregt, was dich nach unten zieht, sind oftmals Probleme von dir selbst. Wenn du aber mit dir im Reinen bist, ist es sehr schwierig, längerfristig aus der Bahn geworfen zu werden. Klar, es gibt Extremfälle wie Todesfälle, Krankheit, etc. Das gehört zum Leben dazu und das soll einen auch nicht kalt lassen.



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