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Couchgeflüster #33 - Julia Claussen

«Zeig’ mir deine Hand und ich sage dir, wer du bist.» Ein Satz, der viele von uns an Jahrmärkte erinnert und wir als nicht ernst gemeint wieder vergessen. Doch beim Thema Handanalyse geht es mehr als Unterhaltung. Der Kern ist auch nicht die Zukunftsvorhersage. Es geht um die Persönlichkeitsanalyse, Standortbestimmung und die weitere Entwicklung. Dass hinter einer Handanalyse mehr steckt als zufällige Aussagen, zeigt Julia Claussen, die sich auf diesem Gebiet spezialisiert hat.

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Julia Claussen | Handleserin

Wann bist du mit dem Thema «Handanalyse» in Berührung gekommen?

2013 war der Wendepunkt. Ich hatte eine grosse Lebenskrise - meine Beziehung ging in die Brüche, meine Eltern starben und meinen Job habe ich auch verloren. Alle Grundpfeiler sind innert kurzer Zeit zusammengebrochen. Nach diesem traurigen Breakdown entschloss ich mich dazu, mein eigenes Leben aufzuräumen.


Wie hast du dies gemacht?

Mein Glück war, dass ich schon immer gemerkt habe, dass es da draussen mehr gibt. Ich bin sehr hellhörig und feinfühlig, auch wenn ich dies nur als Kind ausgelebt hatte. Danach habe ich mich für die Gesellschaft komplett verdreht. Ich verlor den Bezug zu mir selbst, wusste gar nicht, wer ich genau war. Wie es der Zufall wollte, wurde ich auf einen Lehrgang in Persönlichkeitsentwicklung aufmerksam. Dabei ging es um Themen wie Angst, Wertschätzung und Vertrauen - diese wurden mittels Astrologie, Gesichtsanalyse oder Handanalyse im Detail angeschaut. Letzteres hat mich auf tief bewegende Art und Weise überzeugt. Ich wusste, dass ich die Erklärung für mich gefunden hatte.


Was zeigt die Handanalyse?

Sie zeigt die Seelenthematik auf. Es geht darum, den Menschen zu zeigen, wie einzigartig und richtig sie sind, mit allen Erfahrungen, Stärken und Macken. Das ist mir sehr wichtig in meiner Arbeit. Jedes Reading ist für mich ein solch grosses Geschenk. Ich lerne von meinen Klienten und sie von mir. Was gibt es Schöneres als täglich dazuzulernen?


Wo setzt du diese Form der Persönlichkeitsanalyse ein?

Einerseits in den 1:1 Readings, aber auch an Events oder bei Gruppen, die gerade ein Coaching besuchen. Dort sind es dann aber aufgrund von Zeitmangel eher Kurzanalysen, da du verschiedene Typen hast und möglichst viele Eventteilnehmer diese Analyse austesten möchten. Das ist eine lässige Methode, wenn auch anstrengend auf meiner Seite, da es sehr viele Informationen auf einmal sind und ich mich nur auf ein paar wenige Details beschränken muss.


Die Handanalyse wird seit Jahrhunderten angewandt. Was ist dein Ziel?

Das stimmt. Es hat bereits im Mittelalter begonnen. Dann kam mehr und mehr die Thematik mit den Fingerabdrücken dazu, die man immer stärker im Bereich Kriminalistik brauchte und einsetzte. Für mich ist es aber eine alte Kunst, die ich sehr gerne erhalten möchte.


Wissenschaftlich sind solche Methoden schwierig zu beweisen – Aberglaube, Esoterik, Spiritualität, Wahrsagekunstform – wie ordnest du die Handanalyse ein?

Es ist ein Mix aus belegbarer Theorie und Spiritualität. Alleine wenn wir die Linien und Nervenbahnen anschauen, die in den Händen sichtbar werden. Ich persönlich habe ein grosses sichtbares Loch in meiner Hand beim Alter von 28 Jahren. In diesem Jahr starben meine Eltern. Solche Dinge hinterlassen ihre Spuren in den Händen. Wenn man weiss, wie man Hände liest, kann man solche Wendepunkte sehen. Ich fühle mich nicht esoterisch aber durchaus spirituell, jedoch im Hier und Jetzt.


Wie sind die Reaktionen nach einem Reading?

Es gibt zwei Effekte. Entweder sagen die Klienten: «Oh nein, jetzt kommt sie auch noch mit diesem Thema». Diese Reaktion folgt, weil sie es selbst eigentlich schon längstens selbst wissen und spüren, aber nicht wirklich wahrhaben wollen. Oder sie gehen in die gegengesetzte Richtung: «Was, ich? Nein!» Die totale Ablehnung. Die habe ich aber fast lieber, da hier der Effekt der Handanalyse oftmals noch grösser ist. Du kannst ziemlich sicher sein, dass diejenigen, die stark in den Widerstand gehen, sich eines Tages melden werden und sagen, dass dies und jenes passiert ist und mir dann die Dinge im Nachhinein bestätigen.


Braucht der Mensch diese Form der Persönlichkeitsanalyse?

Du kannst gut ohne Handanalyse leben. Aber es ist eine sehr schöne Kunst, eine tolle Hilfestellung und es ist ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Wenn man die Aufnahme Tage und Wochen später wieder anhört, wird einem immer wieder bewusst, wo man sich gerade befindet und wohin man eigentlich möchte. Die Handanalyse bringt einem viele schöne Inputs und sorgt dafür, dass man sich in einem anderen Licht sehen kann. Denn ich weiss ja nicht, wer sich im Alltag die Seelenthematik anschaut oder sich überhaupt Gedanken dazu macht.


Google hat viele Anleitungen und Beispiele, wie man die Hände analysieren kann. Funktioniert dies in der Selbstanalyse?

Bei gewissen Anhaltspunkten, ja. Aber ich muss sagen, dass ich meine Hände nicht selber lese. Ich gehe zu einer Handleserin und lasse sie lesen. Denn man belügt sich gerne selbst und schaut sich die Dinge dann nicht wirklich ehrlich an, da man die Wahrheit oftmals einfach nicht sehen möchte. Zudem ist es gerade das Erlebnis, das zählt und die Tatsache, dass man von aussen Inputs hört.


Warum gibst auf Instagram Inputs/Aufklärung zu dieser Thematik?

Genau aus dem Grund, weil viele Google nutzen und sich dann rasch auf einem nicht ganz so positiven Weg befinden, da sie Dinge falsch interpretieren. Sie leben dann quasi nach genau diesen Einschätzungen und Überzeugungen, die sie in einem Blogartikel gelesen haben. Diesbezüglich ist Google deswegen Freud und Leid gleichzeitig.


Was ist für deinen Beruf wichtig?

Dass ich immer nach den Händen gehe und nicht nach der Person, die mir gegenüber sitzt. Äusserlichkeiten sowie meine subjektive Meinung sind Dinge, die nichts bei einem Reading verloren haben. Den Klienten, die via Instagram kommen, folge ich in der Regel nicht, weil ich keine Inputs von aussen haben möchte. Genau aus dem Grund, damit ich objektiv, wertfrei und «unwissend» bleibe. Deshalb ist es am Besten und Einfachsten, wenn jemand kommt, von dem ich überhaupt nichts weiss. Es ist mir auch nicht wichtig, wer mir da gegenüber sitzt. Ich sage das, was ich lese, auch wenn es unangenehm werden kann.


Kannst du mir ein Beispiel nennen?

Bei einer Klientin las ich den Glauben als Lebenslektion. Dies wäre ja kein Problem. Doch es war eine buddhistische Mönchin. Es gibt generell oft heftige Reaktionen. Tränen sind keine Seltenheit. Oftmals ist man völlig aufgelöst, da ich in diesem Moment nicht nur die Handleserin bin sondern auch der Spiegel der Dinge, denen man womöglich ausweicht. Eine Handanalyse macht aber auch Spass und bringt sehr viel Freude mit sich, nicht nur Tränen.


Siehst du kulturelle Unterschiede?

Ja, sehr stark. Der Vorreiter ist ganz klar Indien, generell der asiatische Raum. Aber auch in Ländern wie Griechenland sieht die Lage ganz anders aus, weil die Menschen dort mit diesen Themen bereits aufwachsen. Ob Astrologie, Kaffeesatzlesen oder eben Handanalyse - dies ist dort ganz normal. Dass es in unseren Breitengraden als eher exotisch angeschaut wird, ist aber okay und verständlich.


Muss man spirituell sein, um ein Reading machen zu lassen?

Nein, überhaupt nicht. Es ist schlussendlich nur ein Teil der Persönlichkeitsanalyse. Es geht um die Seelenthematik, bei der man entscheiden muss, wie man diese annimmt. Aber es kann auch jemand kommen, der überhaupt nicht an diese Dinge glaubt und null in Verbindung steht. Es funktioniert trotzdem. Wie man dann damit umgeht, steht auf einem anderen Papier.


Wo liegen mögliche Schwierigkeiten oder Fehlerquellen?

Wenn jemand krank ist und eine Chemotherapie hat, ist es sehr schwierig, da sich unter Umständen die gesamte Haut ablöst. Oder bei ganz feinen Fingerabdrücken, wo es sogar mit Lupe schwierig wird, Details zu erkennen. Aber dann muss man sich sagen, dass es nicht in diesem Ausmass sein soll. Ich gehe dann nach dem, was ich eben sehen kann. Erzwingen funktioniert nicht.


Was zeigt die Handanalyse auf?

«Es liegt auf der Hand», ist in diesem Fall mehr als ein Spruch. Bildlich gesehen, ist die Handanalyse nämlich eine aktuelle Bestandesaufnahme der Persönlichkeit, wie eine Standortbestimmung, die dir Anhaltspunkte gibt von deinem Denken, Fühlen, deinem gesamten Wesen, deinen Talenten. Es gibt dir die Möglichkeit, gewisse Thematiken zu sehen, zu hinterfragen, zu reflektieren und dabei Tools zu entwickeln, wie man an sich selbst arbeiten kann. Es ist ein Spiegel.


Wie oft kann / soll man eine Handanalyse machen lassen?

In der Regel schlage ich einen Rhythmus von 1.5-2 Jahren vor - sofern man dies möchte. Dann sieht man immer wieder schön, wo man steht, was sich verändert hat. Ich habe aber auch mehrere KlientInnen, die jährlich kommen. Bei einigen verändert sich enorm viel in kurzer Zeit, bei anderen sind es Nuancen, oder der Fokus, der sich auf etwas anderes richtet. Oftmals ist es so, dass gerade so viel los ist und man deshalb die Analyse möchte. Manchmal ist es gar möglich, dass nach sechs Monaten neue Linien da sind. Aber dies sind dann sehr intensive Entwicklungsprozesse.

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