Caroline Rominger zählt zu den drei besten Golfspielerinnen der Schweiz. Seit 2009 ist sie Proette, sprich Profigolferin, und spielt auf der Ladies European Tour. Wie ihr Training aussieht, auf welche Sponsoren sie zählen darf und wie die Schere zwischen Frauen- und Männergolf aussieht, erzählt sie in diesem Interview.

Caroline, wie sieht dein Tag als Proette (Bezeichnung Profigolferin) aus?
Morgens ist Fitness angesagt. Dies zwei- bis dreimal pro Woche. Danach folgt das, was die meisten von uns kennen: Admin, Website, Social Media, Sponsorenbetreuung, Flüge buchen – dies alles läuft über mich. Daraufhin folgt eine Stunde spezifisches Training wie zum Beispiel längere Schläge auf der Driving Range. Danach folgt das Mittagessen und ein Power Nap. Seit ein paar Jahren geniesse ich diese 20 Minuten Schlaf. Am Nachmittag wird dann nochmals ausgiebig auf dem Platz trainiert. 18 Uhr ist Feierabend.
Wie sieht dein Fitnesstraining aus?
Dies ist unterschiedlich. In der Zwischensaison ist das Trainingsprogramm stark auf Kraft ausgelegt und geht dann in den Bereich Schnellkraft. In der Saison selbst geht es nur noch ums Erhalten. Du kannst nebenher nicht nochmals in den Aufbau gehen. Wenn du dann nämlich immer Muskelkater hast, kannst du gar nicht richtig spielen. Spezifisches Ausdauertraining gibt es weniger, auch wenn wir um die fünf Stunden auf den Beinen sind. Es ist aber nicht so, dass wir einen Marathon rennen können müssen.
Welcher Stellenwert hat dein Mental Coach Andi Schwaller?
Einen sehr hohen. Gerade wenn wir über den Level sprechen, auf dem ich mich befinde. Wenn du Teil der European Tour bist, sage ich immer, dass alle spielen können. Aber es ist so, dass du im richtigen Moment, den richtigen Schlag richtig abrufen musst. Das geschieht nur noch im Kopf, denn die Schläge beherrschen alle. Doch das Mentale macht den Unterschied. Andi Schwaller kommt ursprünglich aus dem Curling. Wir haben herausgefunden, dass es viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden doch sehr unterschiedlichen Sportarten gibt. Im Curling hast du wie im Golf eines: Zeit. Im Vergleich zu Tennis und Fussball. Da hast du keine Zeit – du rennst und spielst. Ich aber mache einen Schlag, gehe 200 Meter und habe dann Zeit zum Nachdenken. Das kann gut und gleichzeitig schlecht sein. Dann nehme ich vielleicht noch das Leaderboard wahr, worauf steht, wo ich gerade stehe im Vergleich zu den anderen, und dann wird der Druck umso grösser. Deshalb ist das Mentale ausschlaggebend.
Was fasziniert dich am Golfen?
Ich bin nun seit 2009 Profi - ich befinde mich im 13. Jahr. Ich persönlich mag die Kombination von den sportlichen Aspekten und den mentalen. Es ist eine unglaubliche Challenge. Jeden Tag. Du kommst an einem Tag raus und denkst, du beherrscht jeden Schlag. Am nächsten Tag machst du nichts anders und es geht nicht. Natürlich immer auf dem jeweiligen Level. Die Momente, in denen du die guten Schläge abrufst, ist jedoch ein so gutes Gefühl, das dich danach streben lässt. Da nimmst du die Rückschläge in Kauf. Emotional hast du die absoluten Tiefs und dann aber gleichzeitig die extremen Hochs. Das mental und emotional auszugleichen, finde ich spannend. Ich habe enorm viel gelernt in meinem Leben dank Golf.
Was spielst du am häufigsten?
Strokeplay. Da geht es darum, dass du jeden einzelnen Schlag zählst. Für die gesamte Runde hast du etwa vier Stunden. Wenn du 18 Loch gespielt hast, zählst du alle Schläge zusammen. Die Vorgabe des Platzes liegt normalerweise bei 72. 72 wäre demnach gut. Kürzlich ich beispielsweise 67 gespielt. Das sind dann fünf Schläge weniger als der Platz sagt und würde sehr gut bedeuten. Auch 100 Schläge sind gut – eben als Hobbygolfer. Man muss es immer auf dem jenigen Level sehen.
Welche Spielformen gibt es sonst noch?
Da wäre einerseits Stableford. Sagen wir, du als Amateur hast Handicap 30. Also darfst du 72 plus 30 Schläge haben. Es ist eine Art Punktesystem pro Loch. Wenn du sehr viele Schläge bei einem Loch hast, kannst du den Ball aufnehmen. Dann hast du einfach keine Punkte auf diesem Loch und gehst zum nächsten Loch. Und dann gibt es Matchplay, bei dem du 1:1 spielst. Ich spiele gegen dich auf dem ersten Loch. Du machst vier Schläge, ich fünf. Du gewinnst das erste Loch. Dies ist spannend zuzusehen, aber wir spielen fast nie Matchplay. Dieses Jahr gibt es nur ein solches Spiel in Schweden.
Kann ich gegen dich spielen?
Ja, das ist das Tolle am Golf. Jeder kann gegen jeden spielen. Nehmen wir als Beispiel meinen Freund. Er hat Handicap 19. Ich kann gegen ihn ein Turnier spielen oder einen Match machen. Er muss einfach 72 + 19 spielen, also 91 und ich 72. Als Pro hast du 0. Wir können somit direkt 1:1 gegeneinander spielen. Wo hast du das schon? Skifahren geht nicht, Tennis auch nicht, denn da hätte ich keine Chance, da ich nicht so viel Kraft habe, Joggen ist nicht lustig, weil er viel schneller ist.
Wie schaffst du es vom Hobbylevel zum Profi?
Du musst ein gewisses Level haben, um überhaupt zu versuchen, den Sprung vom Amateur zum Profi zu schaffen. Ein gewissen Anteil an Talent braucht es natürlich auch. Dann aber zählt der Fleiss. Das Training ist intensiv und braucht viel Zeit. Golf hat so viele Facetten. Kurzes Spiel, langes Spiel, putten, chippen, Bunkerschläge, dafür musst du je ca. eine Stunde pro Tag investieren. Du musst es wirklich wollen.
Kann jeder Profi auf der Tour spielen?
Nein. Es gibt SpielerInnen, die werden Profi, kommen aber trotzdem nicht auf eine Tour. Du musst dir dein Spielrecht erspielen, damit du überhaupt auf der European Tour spielen darfst. Wenn du Profi bist, aber dann gleichzeitig doch zu wenig gut, hast du keinen Job. Das wird dann schwierig. Denn es nützt einem ja nichts, Profi zu sein, wenn du nicht spielen kannst. Klar… Man kann für Events gebucht werden. Doch wer bucht einen, wenn man nicht zu den Spielern einer Tour zählt? Es ist wie als Fussballprofi ohne Club. Man kann dann einfach Richtung GolflehrerIn gehen – aber das ist nicht dasselbe.
Wie sehen die Preisgelder an einem Turnier aus?
Es sind immer um die 120-130 Spielerinnen pro Turnier. Wir spielen zwei Tage und dann gibt es einen Cut, bei dem die 60 besten in das Finale kommen, das nochmals ein bis zwei Tage dauert. Erst wenn du unter den 60 bist, erhältst du Preisgeld. Meistens liegt das gesamte Preisgeld zwischen 200'000 und 500'000 Euro und wird so aufgeteilt, dass die Erstplatzierten relativ viel erhalten. Wenn du 40. wirst, erhältst du noch 1'000 Euro. Davon musst du dann alle Kosten wie Hotel, Mietauto etc. abziehen. Die Taxe der jeweiligen Länder beträgt 10-30% Quellensteuer, 7% gehen an die Tour. Wenn du nicht bei den besten 10 bist, bleibt dir nicht viel für die Woche. Ohne Cut verdienst du gar nichts und auch dann nicht, wenn kein Turnier stattfindet. Wenn du einen Cut machst und verdienst, musst du für 3 Wochen verdienen. Mit diesem Preisgeld würde dies nie aufgehen. Ohne Sponsoren geht es nicht.
Wie ist die Schere zwischen Männer- und Frauengolf?
Der Unterschied bei den Preisgeldern ist sehr sehr gross. Die Männer haben aber auch mehr Konkurrenz. Das Blöde ist nur, dass Kosten wie Flug, Hotel, Essen für uns alle gleich viel kostet :-).
Auf welche Sponsoren darfst du zählen?
Da wäre Golfers Paradise, der grösste Golf Shop in der Schweiz. Sie haben alles Mögliche im Bereich Golf. Dann at-hena, die Golf-Elektro-Wägeli herstellen, wo man das Equipment draufstellen kann. In Sachen Ausrüster darf ich auf Callaway zurückgreifen. Für die Schuhe gibt es spezielle Einlagen, die von Orthopodo Malgaroli hergestellt werden. Wir sind den ganzen Tag auf den Beinen, da sind solche Einlagen Gold wert. Dann ist neu Garmin mein Sponsor mit Uhr und Messgerät. Sowie Sensolar, die einen super Sonnenschutz bieten.
Wie unterscheidet Männer- zu Frauengolf?
Männer sind körperlich viel stärker. Sie haben mehr Kraft, können mehr draufschlagen, kommen viel weiter. Gleichzeitig haben sie aber auch mehr Spin auf dem Ball. Dies führt zu mehr Rotation, mehr Abweichung links und rechts, die Schläge werden krümmer – je nach Spiellevel natürlich. Frauen haben jedoch oftmals das schönere Golf. Es ist dynamischer.